Wer gedacht hat, dass sich nach dem Weggang von Commissario Pavarotti aus der Meraner Mordkommission ein Vakuum betreffs Personal oder Morden auftut, wird angenehm überrascht sein. Nach fünf Fällen, die der Mordermittler zusammen mit der deutschen Touristin Lissie gelöst hat, ist die Nachfolge auf dessen ehemaligen Mitarbeiter Ispettore Emmenegger übergegangen. Unterstützt wird er von der netten, hübschen Eva Marthaler, die den gleichen Dienstgrad trägt.
In diesem Fall wird das neue Ermittlerduo zu der Leiche der Leiterin der Kreditabteilung der Meraner Cassa Popolare gerufen. Signora Granelli wurde erschlagen, als sie frühmorgens ihren Hund außerhalb der Stadt ausführte.
Emmenegger erkennt in ihr seine garstige Wohnungsnachbarin. Aber nicht nur der Ispettore, auch viele andere Bewohner der Stadt hatten kein gutes Verhältnis zu der Frau, die etliche Meraner in den Ruin getrieben hat. In der Bank war sie zudem nicht beliebt und stand offensichtlich auf der „Abschussliste“.
In diesem Umfeld fällt es den Ermittlern schwer, das richtige Motiv zu erkennen, das zur Ermordung geführt hat. Je länger die Suche danach und nach dem Täter dauert, desto diffuser werden die Erkenntnisse aus den Ermittlungen.
Autorin Elisabeth Florin ist bekannt dafür, dass die Fälle, die von Pavarotti geklärt wurden, stets mit der Geschichte Merans und seiner Menschen verknüpft sind. Bei diesem Mord braucht es einige Zeit, bis erkannt werden kann, worauf der Fall basiert. Zum einen ist es das skrupellose Vorgehen in der Bankenbranche. Zum anderen hängt es mit aktuellen Ereignisse zur Zeit von Corona zusammen, in der es neben den Verlierern – gleich ob geschäftlich oder privat – auch Gewinnler gibt, die die Tragik der Situation anderer zu ihrem Vorteil zu nutzen wissen. Diese Schicksale werden ohne Dramatik jedoch mit der großer Empathie seitens der Ermittler erzählt. Was aber nun das Mordmotiv ist, ….. Leser werden es erfahren.
Dabei erleben wir einen weitreichenden Spannungsbogen, der zunächst zu einem fesselnden Höhepunkt in den Bergen um Meran führt, bei dem Emmenegger um sein Leben fürchten muss. Doch das ist nicht der Schluss der Story. Der kommt dann überraschend, nachdem die Autorin einige falsche Fährten gelegt hat, denen ich gern gefolgt bin.
Ein geheimnisvoller Prolog kündigt die Art des Endes teilweise an, ohne eine Vorahnung auf den Täter aufkommen zu lassen. Und so führt die Auflösung zu einem unerwarteten, dennoch logischen Ergebnis.
Der Schluss führt zurück in die heile Meraner Welt und einer Situation zwischen Emmenegger und Eva, von der man erwartungsvoll in die Zukunft schaut.
Neben einigen kleinen Nebenhandlungen, die jedoch immer wieder in die eigentliche Story eingebunden werden, bietet Merano Mortale durch Emmenegger und Eva eine angenehme Krimikost. Pavarottis und Lissies Abgang wird kompensiert durch den frischen Wind, den besonders Eva einbringt und natürlich Paul, den „unmöglichen“ jungen Schauspieler, der vom Ispettore bemuttert und beschützt wird. Der skurrile, auch tragische Paul! Wäre dieser Krimi eine Operette, fiele ihm die Rolle als Buffo zu.
So werden die Leserinnen und Leser dieses Kriminalroman Pavarotti und Lizzie nicht vermissen, sondern sich am Abenteuer der „Neuen“ in der lieb gewonnenen Atmosphäre von Meran, den Bergen und Wanderwegen drumherum erfreuen.
Damit Fiktion und Wirklichkeit unterschieden werden können, hat Elisabeth Florin in einem Nachwort beschrieben, welche erwähnten Orte und Geschäfte real sind, welche nicht. Eine Hilfe, die Leser dieses Buches beim Besuch Merans nicht desillusionieren soll.
Meran mit Emmenegger und Eva: Ein guter Platz für weitere Morde, die von diesem Duo aufgeklärt werden sollten.
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Elisabeth Florin: Merano Mortale
Erschienen im Emons Verlag (2022)
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Die Bände der Commissario-Pavarotti-Reihe:
Commissario Pavarotti trifft keinen Ton (2013)
Commissario Pavarotti küsst im Schlaf (2014)
Commissario Pavarotti spielt mit dem Tod (2016)