Elisabeth Florin: Commissario Pavarotti probt die Liebe

Unter dem Deckmäntelchen des hübschen Covers für einen Regionalkrimi verbirgt sich ein handfester Thriller. Dazu kommt im 5. Band der Commissario Pavarotti-Reihe die Fortsetzung der Irrungen und Wirrungen in der Beziehung zwischen dem Südtiroler und Lissie von Spiegel, die im Laufe der Jahre von der geschassten PR-Tussi einer Frankfurter Bank zu einer erfolgreichen Schriftstellerin mutiert ist. Allerdings ist sie auch ein wenig bedauernswert, da sie mit einem alten Trauma lebt: dem unaufgeklärten Verschwinden des Vaters vor 30 Jahren während eines gemeinsamen Urlaubs in Meran.

Eine Begegnung mit einem seltsamen Alten, der sich als alter Freund der Familie vorstellt, an den sich Lissie jedoch nicht erinnert, ist die Initialzündung für eine intensive Suche nach dem Grund für das Verschwinden des Vaters. Pavarotti, der just in dieser Zeit im Taunus weilt, wird von Lissie gebeten, bei dieser Aktion zu helfen. Der Commissario willigt ein, nicht ohne die Absicht, der Deutschen wieder näher kommen zu wollen.

So recherchieren sie zunächst im ehemaligen beruflichen Umfeld des verschwundenen Anwalts von Spiegel im Taunus, während Pavarottis Kollege in Meran ebenfalls in der Vergangenheit nach Spuren sucht. Der Commissario und die Schriftstellerin begeben sich auf eine Fährte, die zurück ins Südtirol der 80er Jahre führt. Die Zeit, in der dort um den Status der „Autonomen Provinz Bozen“ gerungen wurde und in der dort immer noch diverse Gruppen Terroranschläge gegen den italienischen Staat und seine Organe verübten. In dieser Melange von Geheimdiensten, rechtem Netzwerk, Doppelagenten und Terroristen scheint der Grund für das Verschwinden von Lissies Vater verborgen zu sein. Die eindringliche Warnung eines Freundes aus der heutigen Geheimdienstszene, die Ermittlungen fortzusetzen, schlägt Pavarotti aus. Das Geschehen verlagert sich aus dem Taunus in die Gegend von Meran und es erweist sich, dass die Warnung an den Commissario berechtigt war.

Eine spannende Geschichte, in der nicht dem Lokalkolorit die tragende Rolle zukommt, sondern den historischen Abläufen nach dem II.Weltkrieg in Südtirol mit dem italienischen Arm des Gladio-Netzwerkes, der sich im Laufe der Jahre von seinen ursprünglichen Aufgaben trennte und unkontrollierbar wurde. Basierend auf jenen Tatsachen entstand ein Kriminalroman mit einem bedeutenden Thrill-Faktor. Ähnlich wie in den vorherigen Bänden der Reihe ist es Elisabeth Florin gelungen, aus dunklen Kapiteln der Südtiroler Geschichte eine interessante und spannende Geschichte zu erzählen. Wiederum inklusive einem Sissi-Faktor, sprich einer kleinen Lovestory mit erheblichen Hindernissen wie Missverständnissen und Enttäuschungen, jedoch mit der Chance auf ein Happy-End.

Erwähnenswert ist zudem das zehnseitige „Zeitgeschichtliche Nachwort“, in dem Elisabeth Florin über das Wirken und die Verknüpfung der Geheimdienste diverser Herkunft, Spionen, V-Leuten und Terror-Gruppierungen im „beschaulichen Bergidyll Südtirol … in der jüngeren Vergangenheit“ berichtet.

Eine gelungene Komposition, gar nicht „cozy“ wie Titel und Cover auf den ersten Blick vermuten lassen, mehr handfester Thriller – und a bisserl Sissi-Faktor (s.o.)

Bravissimo, Elisabeth Florin!

– – – O – – –

Elisabeth Florin: Commissario Pavarotti probt die Liebe, erschienen im Emons Verlag (2020)

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Die vorhergehenden Bände der Commissario Pavarotti-Reihe:

Commissario Pavarotti trifft keinen Ton (2013)

Commissario Pavarotti küsst im Schlaf (2014)

Commissario Pavarotti spielt mit dem Tod (2016)

Commissario Pavarotti kam nie nach Rom (2018)

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