Philip Kerr: Die falsche Neun

IMG_6157Nach den Pleiten, Pech und Pannen für die deutschen Vereine bei den Viertelfinals der europäischen Fußballwettbewerbe wende ich mich einem wirklich bedeutenden Ereignis im europäischen Fußball zu, wie es beschrieben ist im Thriller „Die falsche Neun“ von Philip Kerr.

Kerr hat bereits in den letzten Jahren seinen Protagonisten , Trainer Scott Manson, einige Schweinereien im europäischen Spitzenfußball aufdecken lassen.

In Wintertransfer enthüllte er den Skandal, der zum Tod seines Vorgängers João Zarco führte. In Die Hand Gottes fällt in einem Qualifikationsspiel der Champions League in Griechenland einer seiner besten Spieler tot um. Dazu wird auch noch die Schöne eines Escort-Services, die in Verbindung mit Spielern des Vereins stand, tot aufgefunden. Auch dabei geht es wieder um die selbstsüchtigen Aktionen milliardenschwerer Clubbesitzer, krimineller Funktionäre, sensibler Fußballstars, brutalen, empathielosen Grätschern und Tretern, arroganten Möchtegernstars und skrupellosen Spielervermittlern.

Das ist das Setting Kerrs Thriller in der Welt des internationalen Fußballs.

In Die falsche Neun ist es ebenso. Manson wird von Chinesen gelinkt, die Interesse an ihm, europäischen Spielern und Fußballvereinen aus der alten Welt haben. (Realität: Berlusconi hat seinen Inter Mailand inzwischen an Chinesen verhökert). Nachdem Manson das China-Abenteuer überstanden hat, erklärt er sich bereit, für den FC Barcelona einen verschwundenen Kicker zu suchen, der untergetaucht, entführt oder ermordet wurde. Eine dubiose Angelegenheit. Und da der Verschwundene aus der Karibik stammt und angeblich dort Urlaub macht, fliegt Manson hin, findet den Grund für das Abtauchen heraus – und die Ursache.

Da ist er wieder: der Skandal. Hier ein anderer, aber wieder einer, bei dem es um die Gesundheit der Spieler geht. Um die Rücksichtslosigkeit der Entscheider im Big Business Fußball. Selbstverständlich sind auch die Spieler Teil des gefährlichen Spiels. Sie wollen Stars werden, das Starsein genießen, wohl wissend, welche Risiken sie damit eingehen. Risiken, die zum Tode führen können. Manson laviert sich und den Untergetauchten durch dieses Gestrüpp der unterschiedlichen Interessen – zum Wohle des Spielers. Kerr lässt Manson wie einen weißen Ritter wirken, der aber dennoch Teil des skandalösen Systems ist.

Die falsche Neun“ ist mehr ein Hinweis auf diesen „Sumpf des korrupten Spitzensports“, wie das System im Klappentext genannt wird, als ein Thriller. Auch hier ist zu lesen , was wir als „Klein Fritzchen“ schon immer vermutet haben. Eigentlich wussten wir es ja schon: Spitzenfußball ist ein sehr schmutziges Geschäft, in dem sich einige wenige auf Kosten vieler anderer bereichern.

Wir werden es weiterhin beobachten, aber die Begeisterung an dem Spiel werden wir uns nicht nehmen lassen. Nächstes Jahr wird wieder Champions League geguckt, dazu Fußball WM in Russland – und vermutlich wird Philip Kerr seinen Protagonisten Scott Manson den nächsten Skandal aufdecken lassen.

Same procedure as every year. Fußball, die schönste Nebensache der Welt. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, nach dem Thriller vor dem Thriller – und der ist letztlich belanglos, aber nett zu lesen.


Originaltitel: False Nine (UK 2015), dt. 2016 bei Tropon erschienen (Übersetzung: Hannes Meyer und Sabine Jakob)

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