Karsten Eichner: Sherlock Holmes – Die Wiesbadener Fälle

P1010871Wussten Sie schon, dass Sherlock Holmes auch in Wiesbaden und im Rheingau Verbrechen schwierigster Art aufgeklärt hat? Davon berichtet ein Historiker, der Ende des 20. Jahrhunderts auf die Spur eines Verwandten Dr.Watsons gekommen und auf einen Fund veritabler Aufzeichnungen von Holmes Freund und Begleiter gestoßen ist. Es sind nicht nur Morde, die Holmes bei zahlreichen Besuchen in der damaligen Weltkurstadt und seiner lieblichen Umgebung aufgeklärt hat. Vielmehr berichtet Watson auch von kleinen Verbrechen und einer großen Tat, mit der Holmes die kaiserliche Familie davor bewahrte, einem Attentat bei der Einweihung des Niederwalddenkmals mit der Germania oberhalb der Stadt Rüdesheim zum Opfer zu fallen.

Nach diesen Aufzeichnungen – so hat es Watson notiert – war Sherlock Holmes bereits Ende der 70er Jahre des vorletzten Jahrhunderts in dieser weinreichen Gegend. Zusammen mit den Eltern und dem älteren Bruder Mycroft traf der junge Sherlock bei einer Reise durch den Kontinent auf Richard Wagner zu einer kurzen Visite. Vater Holmes war ein Verehrer des deutschen Opernkomponisten, sein jüngerer Sohn wurde es später. Die Famile trifft auf einen erbosten Richard Wagner, dem offensichtlich die Originalpartitur der Meistersinger gestohlen worden ist. Und hier zeigt der junge Sherlock erstmals, was in ihm steckt, ihn später so berühmt macht: Er beobachtet und schließt daraus die richtigen Schlüsse. Es ist der Anfang seiner Methode, Verbrechen aufzuklären. Mit Hilfe der Deduktion. Gut, dass es ihm schon in frühen Jahren möglich war, mit dieser Methode, den Grund für das Verschwinden der Partitur zu erkennen und sie wiederzufinden. Was wären die Wagnerianer, Bayreuth und die Welt ohne die Meistersinger?

Die Methode der Deduktion – wie wir sie aus der Erzählung „Der blaue Karfunkel“ so ausführlich am Beispiel der Geschichte des alten Filzhutes und seines Trägers durch Holmes erfahren – brachteHolmes bei der Betrachtung eines Zwickers wesentliche Erkenntnisse über dessen ehemaligen Trägers, der in einer verlassenen Wiesbadener Villa mumifiziert aufgefunden wurde. Ein Glück für die deutsche Polizei, dass Holmes zusammen mit Freund Watson gerade im Hotel Krone in Assmannshausen abgestiegen war, als dieser verzwickte Mord aufgeklärt werden sollte..

Es sind nicht nur spektakuläre Fälle, mit denen sich Holmes in meiner Nachbarschft beschäftigt hat. Neben der Aufklärung der „Germania-Verschwörung“ oder dem Lösen eines Falles, bei dem ein russischer Großfürst in der einst von Russen geliebten Kurstadt – hier hat Dostojewski ein Vermögen verspielt, entstand ein Teil des Werkes des russischen Malers Alexej von Jawlensky, ließ der Herzog von Nassau anlässlich des Todes der früh verstorbene Gemahlin, der 19-jährigen russische Prinzessin Jelisaweta Michailowna, Großfürstin von Russland und Herzogin von Nassau (1826–1845) auf dem Neroberg die russisch-orthodoxe Kapelle erbauen – sind es auch die kleinen aber nicht weniger spektakulären Verbrechen, die Holmes aufklärte. Verbrechen ohne Mord und Todschlag wie die Geschichte des sagenhaften Eisenmännchens, die auf einer alten, Schiersteiner Sage basiert. Hier spukte scheinbar das Eisenmännchen um das Haus einer alten Fischerswitwe und wollte diese um Hab und gut bringen. Ein ehrenwerter Mann, dieser Holmes, dieser englischen Gentleman, der der alten Frau half und dessen Lohn die Genugtuung war, den Bösewicht zu überführen.

Richard Wagner, ein russischer Großfürst, die Familie des deutschen Kaisers und eine arme Fischerwitwe stellen neben anderen Figuren die lebenden und die toten Protagonisten dieser sechs Wiesbadener Fälle dar, die Sherlock Holmes in und um Wiesbaden gelöst hat. Gut, dass Watson auch diese Taten des großen Detektivs notiert hat – und besser, dass der Historiker während der Arbeiten an seiner Dissertation auf den Nachlass des Chronisten gestoßen ist. Karsten Eichner – promovierter Historiker – hat dies alles in Sherlock Holmes – Die Wiesbadener Fälle den Freunden des Meisterdetektivs zugänglich gemacht. Das Buch ist eine interessante Ergänzung zu dem hinlänglich bekannten Werk von Sir Arthur Conan Doyle.

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Erschienen 2009 im Societäts-Verlag

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