Christine Neumeyer: Der Kuss des Kaisers. Ein historischer Wien-Krimi

Wien zu Beginn des 20 Jahrhunderts. Kaiser Franz Joseph I. sieht seinem 60. Thronjubiläum entgegen, Thronfolger Franz Ferdinand reist durch Ungarn. Kaiser und Thronfolger haben unterschiedliche Ansichten über die Kunst. Der Kaiser liebt im Gegensatz zu Franz Ferdinand die Moderne Malerei und möchte deshalb die Gelegenheit nutzen, das noch unfertige Gemälde „Der Kuss“ von Gustav Klimt zu erwerben, um es nach Fertigstellung in der Galerie des Unteren Belvedere aufzuhängen.

Beauftragt mit dem Kauf ist der k.u.k. Amtssekretär Krzizek, der die Gemäldegalerie des Kaisers leitet. Gustav Klimt tritt dabei in einer Nebenrolle auf.

Hauptperson ist jedoch Erna Kührer, Bedienerin in der Galerie des Unteren Belvedere. Ihrem Chef dem Amtssekretär hat sie eine für ihre Verhältnisse noble Wohnung zu verdanken, zu verdanken aber insbesondere ihrem Verhältnis zu diesem Herren, dem sie stets in jeder Hinsicht zu Diensten ist.

Erna lebt in einer heilen Welt zufrieden zusammen mit ihrem arbeitslosen Mann, einem kleinen Zwillingspärchen und der heranwachsenden Tochter Klementine, bis ihr missratener Sohn wieder bei der Familie einzieht. Ein verschuldeter Verbrecher, der bereits einige Zeit im Gefängnis verbracht hat. Der hat nun nichts anderes vor, als mit der Jungfräulichkeit seiner zwölfjährigen Schwester Geld zu verdienen, damit die Schuldeneintreiber zufrieden zu stellen.

Während am Hof des Kaisers alles getan wird, damit der Kuss in der Galerie aufgehängt werden kann, bricht für Klementines Mutter die Welt zusammen, als sie erfährt, wie ihre Tochter Männern angeboten und vergewaltigt wird.

Für die Herren am Hof bahnt sich zur gleichen Zeit eine Katastrophe an, da in einem Brunnen im Schlosspark Teile einer zerstückelten Leiche – bis auf den Kopf – gefunden werden. Die Aufregung ist groß, denn alle, die zum Umfeld des Thronfolgers gehören, möchten den Fund geheim halten, den Mörder fassen, bevor der hohe Herr von seiner Reise zurück kehrt. Es wird vermutet, dass der Mord in Zusammenhang mit einem geplanten Attentat auf den Franz Ferdinand steht.

Nachdem die kaiserlichen Ermittler lange Zeit vergeblich nach Spuren suchen, die zum Mörder führen, wird der Fall schließlich gelöst.

Christine Neumeyer erzählt von einem Wien der um Kaiser und Thronfolger herum scharwenzelnden Elite und auf der anderen Seite von der Welt der Erna Kührer -rechtschaffen sein zu wollen, willfährig und immer in der Angst, in Ungnade zu fallen und die Arbeit zu verlieren –, vom Los der „Kleinen Leute“. Der Glanz der k. u.k. Monarchie ist am erlöschen, wer kann, sonnt sich aber noch darin. Da kann auch keine neue Tramlinie in der österreichischen Metropole und kein Gemälde von Gustav Klimt den Verfall aufhalten.

Es gelingt Christine Neumeyer vortrefflich, dieses Szenario darzustellen. Sie unterstreicht die Gegensätze in der Gesellschaft durch die unterschiedliche Sprache der Feinen und derjenigen, die in einfachen Verhältnissen leben.

Die Gemengelage Wiens im Jahr 1908 ist hier die Protagonistin, der Kriminalfall die logische Konsequenz der Situation. Gut recherchiert, für Freunde des Historischen Krimis und für alle, die die Atmosphäre Wiens zu jener Zeit fühlen möchten.

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Christine Neumeyer: Der Kuss des Kaisers. Ein historischer Wien-Krimi. Erschienen im Picus-Verlag (2023)

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