Im 9.Fall für den Leiter der Mordkommission der Sûreté du Québec ein Cosy-Krimi und ein Thriller zu einem Plot getwistet.
Armand Gamache wird von seinem Chef Sylvain Francouer diffamiert, kaltgestellt, das einst erfolgreiche Team geschwächt, indem die fähigen Leute versetzt und durch unqualifizierte, faule Agents ersetzt werden. Auch Gamaches Schwiegersohn in spe, Jean-Guy Beauvoir, musste das Team verlassen. Ziel des Widersachers ist zunächst, Gamache in den Ruhestand zu drängen. Zunächst, denn der Chief Inspector ist dabei, einen ungeheuren Skandal aufzudecken, der über viele Jahre gewachsen ist, in den nicht nur Francoeur verwickelt ist. Deshalb bleibt es nicht bei ursprünglichen Ziel.
Glücklicherweise erhält der erfolgreiche Mordermittler einen Anruf aus seinem geliebten Ort Three Pines, der auf keiner Landkarte verzeichnet ist. Dort vermisst die Buchhändlerin Myrna einen Gast, der sich zu Weihnachten angesagt hat. Gamache nimmt die Gelegenheit wahr, nach Three Pines aufzubrechen und zu versuchen, die Angelegenheit zu klären – weit weg von dem miesen Arbeitsbedingungen, denen er in Québec ausgesetzt ist. Der nicht erschienene Gast erweist sich als eine alte Frau, die einst sehr berühmt war, mit ihren Schwestern jedoch seit Jahrzehnten sehr zurückgezogen unter neuem Namen lebte. Gamache findet die alte Dame, Teil der einst weltberühmten Fünflinge, tot in ihrem Haus. Die letzte Lebende der fünf „in vivo“-Gezeugten wurde ermordet.
Die Aufklärung des Mordes in diesem Cosy-Krimi-Part dient Gamache als Tarnung und Alibi für sein eigentliches Anliegen: Herauszufinden, warum Francoeur ihn in den Ruhestand oder wohin auch immer schicken will. Das ist der Thriller-Part, bei dem der Chief Inspector immer wieder beweisen muss, wie geschickt und einfallsreich er die Angriffe seiner Gegner parieren kann, von denen er getrackt und gehackt wird. Mit Intelligenz und wenigen verbliebenen Freunden sowie der Unterstützung der Bewohner von Three Pines gelingt es ihm, die Hintergründe des bisher vertuschten Skandals zu erkennen, vor allem aber dem verheerend anmutenden verbrecherischen Plan seiner Gegner.
Schließlich kommt es zu großen Showdown im sonst so idyllischen Ort inklusive Schusswechseln und schließlich Schüssen auf Gamache, der getroffen wird.
„Armand hat getan, wozu er geboren ist. Mag sein, dass er den Posten aufgibt, aber aufhören kann er nicht“ (Da zeitgleich mit dem Erscheinen dieses Bandes auch der nachfolgende erschien, in dem auf dem Klappentext der nächste Fall Gamaches anmoderiert wird, verrate ich nichts Neues, wenn ich hier bereits darauf hinweise, dass Gamache überlebt, sich mit seiner Frau Reine-Marie in Three Pines niederlässt, sowie sich die obige Prophezeiung seiner Ehefrau erfüllen wird.)
Für die Fans der Gamache-Reihe, insbesondere für diejenigen, die sich am liebsten in das idyllische Three Pines beamen lassen würden, um dort den Rest ihres Lebens zu verbringen, ist dieser Band nahezu „Tabarnac“ – wenn da nicht die Aussicht auf den nächsten Band der Reihe bestehen würde. Was Gamache im aktuellen Fall erleben muss, ist weit davon entfernt, ein Herz schonender Krimi zu sein, der genüsslich erlesen werden kann. Andererseits würden sich Leser und Leserinnen an Idylle und Romantik im übertragenen Sinn damit „überfressen“ – und das bekommt dem gesündesten Magen – oder in diesem Fall Kopf – nicht. So steht dieser Band für eine letztlich wohltuende Abwechselung, weg von der heilen Welt, die nur manchmal und dank Gamache nur unwesentlich gestörten Idylle in den unendlichen Wäldern Québecs.
– – – O – – –
Louise Penny: Der vermisste Weihnachtsgast – Der neunte Fall für Gamache, erschienen im Kampa Verlag (2021), übersetzt von Andrea Stumpf und Gabriele Werbeck
Originaltitel: How The Lights Get In (USA, 2013), der Titel ist eine Zeile aus Leonard Cohens „Anthem“
– – – O – – –
Bisher auf diesem Blog besprochene Bände der Armand-Gamache-Fälle:
Band 1: Das Dorf in den roten Wäldern
Band 4: Lange Schatten
Band 5: Wenn die Blätter sich rot färben
Band 7: Bei Sonnenaufgang
Band 8: Unter dem Ahorn
Bis zum neunten Fall wird es noch ein wenig dauern, bin erst beim 4. und mache gerade eine Pause um anderes zu lesen. Auf jeden Fall komme ich darauf zurück und dann auch bis zu diesem. Deine Anregungen haben schon Kreise gezogen, es gibt außer mir noch zwei Fans Deinetwegen.
Pingback: LOUISE PENNY: TOTES LAUB – Der elfte Fall für Gamasche | KrimiLese
Pingback: LOUISE PENNY: HEIMLICHE FÄHRTEN – Der sechste Fall für Gamache | KrimiLese
Pingback: Gewissen vs. Gesetz: LOUISE PENNY – HINTER DEN DREI KIEFERN. Ein Fall für Gamache. (Der 13. Fall) | KrimiLese
Pingback: Der einsame Weg des suspendierten Chief Superintendent der Sûreté du Quebéc Armand Gamache: LOUISE PENNY: AUF EINEM EINSAMEN WEG | KrimiLese