MORD IM KLOSTER EBERBACH von Susanne Kronenberg

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Am Vorabend zum Drehbeginn eines Dokudramas im Kloster Eberbach gibt der berühmte Regisseur Ecki Winterstein ein üppiges Buffet für Cast, Crew und einige Freunde. Es herrscht reger Betrieb an diesem Abend im ehemaligen Zisterzienserkloster: Die jährliche Aufführung von „Im Namen der Rose“ zieht viele Besucher zum Originalschauplatz des Drehorts. 1985 mit Sean Connery in der Hauptrolle und vielen männlichen Komparsen aus der Gegend – den Darstellern der Mönche – verfilmt, ist die Vorführung seit Jahren Kult.

Neben Ecki Winterstein und allen, die in den nächsten Tage vor und hinter der Kamera agieren werden, machen sich auch Norma Tann, Privatdetektivin aus dem benachbarten Wiesbaden, und ihr Ex-Schwiegervater als Gäste des Regisseurs auf den Weg in die ehemalige Klosterkirche, um am kultigen Event teilzunehmen.

Doch schon kurz nach Ende der Vorstellung ist es vorbei mit der einzigartigen Atmosphäre, die die Anwesenden zurück ins Mittelalter versetzt. Hilferufe schallen durch die alte Abtei, ein Toter liegt in der Klostergasse, offensichtlich ermordet, Hektik bricht aus.

Gut, dass Norma Tann vor Ort ist. Sie organisiert die Sicherung des Tatortes, veranlasst, dass die Polizei gerufen wird, und informiert ihre alten Spezis von der Mordkommission im Wiesbadener Polizeipräsidium. Und während recherchiert wird, wer der Tote ist und wer der Mörder, interessiert es Ecki Winterstein nur, ob er mit den Dreharbeiten pünktlich beginnen kann, bei denen er gewöhnlich seine Akteure zu Höchstleistungen quält. Gedreht werden soll ein Fernsehfilm über die Ära des Klosters im 19. Jahrhundert, in dem es in Teilen zur ersten psychiatrischen Klinik der Gegend, „Irrenhaus Eberbach“ genannt, umfunktioniert wurde. Grundlage für den Film ist ein Buch von Normas Ex-Schwiegervater.

Nach dem unnatürlichen Todesfall engagiert der oftmals cholerisch auftretende Winterstein die Privatdetektiven unter einem fadenscheinigen Vorwand, vor allem aber aus Angst um sein eigenes Leben. Norma soll für die Sicherheit am Set sorgen. Schaulustige fernhalten, für Ruhe sorgen, Cast und Crew Sicherheit vermitteln, Ängste nehmen, denn man weiß ja nie, was als Nächstes passieren kann. Für die clevere Ex-Polizistin eine gute Gelegenheit, dicht am Tatort und dem möglichen Mörder die ein oder andere Ermittlung schlapphutmäßig durchzuführen.

Dabei erfährt sie so einiges. Über das Zerwürfnis des getöteten Winzers aus der Nähe des Klosters mit seinem Nachbarn. Für die Polizei stehen damit Täter und Motiv fest. Norma, clever wie sie ist, hält aber dennoch Augen und Ohren offen und erkennt, dass sich die Polizei die Angelegenheit zu einfach macht. Damals – 1985, während der Dreharbeiten zum Filmklassiker – verschwand eine junge Frau, Mutter eines Knaben. Sie wurde Tage später völlig verwirrt in der Nähe aufgefunden, mit Brandmalen übersät. Sie ist nie wieder zur Normalität zurückgekommen, hat nie wieder ein Wort gesprochen, endete in einem Pflegeheim, in dem sie vor einigen Monaten starb. Was damals geschah wurde nie aufgeklärt – bis jetzt nicht.

Aber es gibt Personen, die sich erinnern an jene Tage als Sean Connery den William von Baskerville in den Kulissen des Klosters Eberbach spielte. Und diese Personen führen Norma zum Motiv und einem Mörder, der ein echter Gegenspieler von William von Baskerville hätte sein können.

Susanne Kronenberg kehrt mit diesem 9. Fall der „Norma Tann-Reihe“ nach einem Ausflug ihrer sympathischen Privatermittlerin nach Weimar (Tod am Bauhaus) in die Rheingau-Taunus-Region zurück. Nun ist Kloster Eberbach nicht nur legendär als Drehort für „Im Namen der Rose“ sondern berühmt als ehemaliges Zisterzienserkloster, hochgeschätzt als Weingut und der Namensgeber für den Kabinett-Wein und der Sage nach der Bezeichnung „Spätlese“. Neben einem Kriminalroman, der die Arbeit an einem Filmset mit den unterschiedlichen Charakteren von Schauspielerinnen und Schauspielern zeigt – von mimosenhaft über dienstbeflissen bis arrogant und glockelhaft –, der Hektik um die Dreharbeiten, den Druck des Regisseurs auf seine Mitwirkenden und den dabei herrschenden Spannungen erzählt, ist das Besondere die Verknüpfung der Story mit dem Kloster Eberbach und dessen Geschichte. Kleine Schnipsel aus dieser Historie fügt Susanne Kronenberg geschickt und als interessante Information in die Handlung ein, so auch die damaligen „Heilmethoden“ der Anstalt mit dem Hohlen Rad.

Das Hohle Rad, ein Hilfsmittel in der Psychiatrie des 19. Jahrhunderts, „den Zerstreuten anhaltend auf sich selbst zurückzurufen, den Vertieften aus seiner Traumwelt in die wirkliche zu ziehen“. Abb. sh. Wikipedia

Es waren und sind nicht nur liebliche, weinselige, magische und fromme Momente, die hier im Kloster erlebt wurden und in der Gegenwart des Romans genossen werden.

Eine gelungene Symbiose von Kriminalfall, der Geschichte des Klosters Eberbach, dem Film „Im Namen der Rose“ und einem neuen Dreh am alten Ort.

– – – O – – –

Susanne Kronenberg: Mord im Kloster Eberbach, Gmeiner Verlag (2021)

Dies ist der neunte Fall der Norma Tann-Reihe

Vorhergehende Fälle, auf KrimiLese besprochen:

Band 5: Totengruft

Band 7: Rosentot

Band 8: Tod am Bauhaus

– – – O – – –

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