Sara Paretsky: Altlasten

IMG_9803V.I.Warshawski verschlägt es auf der Suche nach dem Trainer und Filmemacher August Veriden von Chicago, dem üblichen Ort ihrer Ermittlungen, fast 1000 Kilometer Richtung Südwesten nach Lawrence, einer Kleinstadt in Kansas. Hier kennt jeder jeden und die Aktionen der draufgängerischen Ermittlerin aus der Großsstadt werden in dieser scheinbaren Kleinstadtidylle argwöhnisch beäugt – von Polizei, FBI, Militär und einigen Einwohnern. Denn auf der Suche nach Veriden, der mit einem ehemaligen Filmstar hier angekommen sein soll, trifft V.I. auf einige Leichen, rettet Leben und bringt so die Balance im Städtchen mächtig durcheinander.

Lawrence, wo seit über 30 Jahren Ruhe zu herrschen scheint. Seit damals, 1983, als die letzten Protestler aus ihrem Camp vor einem Raketensilo vertrieben wurden. Ihr Protest richtete sich gegen die dort lagernden, mit Atomsprengköpfen ausgerüsteten Interkontinentalraketen. Aber das ist lange her, für die meisten vergessen.

Doch mit dem neuerlichen Auftauchen der alten Diva, die nach ihrer Kindheit in Lawrence fernab der Provinz Karriere machte, dann aber zu den Protesten kurz in ihre Heimat zurückkehrte, scheinen die Altlasten von damals wieder aufzupoppen.

Das passt einigen nicht. Sowohl die oben genannten Institutionen als auch ein angesehener Wissenschaftler vor Ort versuchen, die Privatermittlerin an ihren Recherchen zu hindern oder zumindest durch Observierung zu verfolgen, was sie aufdecken könnte.

Schnell stellt sich heraus, dass es sich nicht nur um Radioaktivität handelt, auch Viren sind im Spiel. Damit tritt die Suche nach den Vermissten nahezu in den Hintergrund, die Vertuschung alter Vorfälle damals und heute wird zum tragenden Thema, verbunden mit den Schicksalen einiger Beteiligter. Es ist das Militär, das für die Räumungsaktion des Protestcamps und das Leid verantwortlich war und ist. Im Mittelpunkt steht aber auch der Wissenschaftler Professor Kiel mit seiner Familie und dessen gnadenloses Vorgehen bei der Vertuschung der übelsten Ereignisse im privaten und beruflichen Bereich.

Sara Paretsky verbindet dabei die alte Geschichte des Aufrüstungswahnsinns der 70er- und 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts sowohl auf dem Gebiet atomarer als auch biologischer Waffen mit den noch älteren und immer noch andauernden Erscheinungen des Rassismus sowie dem Belügen und Betrügen der Bevölkerung durch Politik und Wirtschaft. Sie läßt V.I Warshawski manchmal flegelhaft, oft bissig und draufgängerisch für Gerechtigkeit und Wahrheit kämpfen, aber nicht alle wollen erfahren, was politisch und gesellschaftlich falsch gelaufen ist und noch noch immer läuft.

So kann oder soll Krimi sein, verankert in der Realität und mit einem meist wohldosierten, zum Schluss eskalierendem Spannungsbogen von Anfang bis Ende.

Dies ist der 18. Fall der V.I.Warshawski-Reihe, wiederum ein spannender Fall, den man mit großem Interesse liest, der Lust macht auf die nächsten, bereits in den USA erschienenen Bände 19 und 20.

– – – O – – –

Sara Paretsky: Altlasten, erschienen bei Ariadne im Argument Verlag (2020), übersetzt von Laudan & Szelinski

Originaltitel: Fallout (USA, 2017)

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