Dupin ermittelt in seinem 7. Fall weder am lieblichen Mittelmeerstrand noch an der rauen Atlantikküste der Bretagne. Dieses Mal verschlägt es ihn ins Innere, zu Feenwäldern und Artus-Orten, höchstwahrscheinlich gar in das Gebiet, in dem die Bretonen den Heiligen Gral vermuten. Düstere Orte, mythenbehaftet und sagenumwoben, bescheren dem Kommissar und seinem Team Angst, Chaos und große Ratlosigkeit.
Dabei fängt alles so harmlos an: Auf Bitte eines alten Kollegen in Paris soll Dupin in einem kleinen Dorf am Rande des Forêt de Brocéliande einen Archäologen und Mitglied des Vorstands der französischen Artus-Gesellschaft über dessen toten Kollegen befragen, von dem die Witwe behauptet, dass er ermordet worden sei. Zwar sprechen keine Indizien für eine unnatürliche Todesursache, doch die Witwe macht mächtig Stress, hat sogar den Innenminister, ihren Bruder, vor den „Ermittlungs-Karren“ gespannt. Für den Kommissar erscheint dies als einfacher Freundschaftsdienst und so verbindet er diese Aktion auf Vorschlag seiner Assistentin Nolwenn mit einem Betriebsausflug, zu dem neben Nolwenn auch die Inspektoren Riwal und Kardeg mitreisen.
Abgesehen davon, dass Riwal seinen Chef während der Fahrt zum Ziel ständig mit Geschichten über den Wald, allem was darin vermutet wird und der gesamten Geschichte um Artus und dessen Verbundenheit zur Bretagne nervt, freut die Gruppe sich auf einen angenehmen Ausflug.
Am Ziel angekommen, will Dupin zunächst das Gespräch mit dem Wissenschaftler führen – und damit ist es mit der Unbeschwertheit des Betriebsausflugs vorbei, denn der Archäologe liegt ermordet in seiner Behausung.
Dupin gelingt es nicht, sich aus den nun anstehenden Ermittlungen herauszuhalten, im Gegenteil. Er wird zum „Sonderermittler“ des Innenministers ernannt, was dem Kommissar gar nicht passt, aber ein Entrinnen gibt es nicht.
Damit fängt das Chaos, sprich die Motivsuche und die Suche nach dem Mörder, an. Hinzu kommt, dass der erste Mord am und im Forêt de Brocéliande nur der Angang einer Mordserie ist. Die Vorstandsmitglieder der Artus-Gesellschaft, die sich zu einer Tagung sämtlich – so sie denn noch am Leben sind – vor Ort aufhalten, benehmen sich eigenartig, als Dupin sie befragt, lügen ihn an. Zudem sind alle mit einer oder mehreren aus ihrem Kreis in irgendeiner Form verbandelt, Ex- und immernoch Ehepaar, Mutter und Sohn oder andere Beziehungen werden Dupin nicht verraten, vom möglichen Motiv ganz zu schweigen. Als dann gar Riwal und Kadeg nicht mehr auffindbar sind, ist das Chaos perfekt und es verwundert kaum, als noch weiter versucht wird zu morden und dies zum Teil auch gelingt.
Hier im Wald sind die Farben nicht mehr so leuchtend blau, rosa und rosarot wie an den Küsten der Bretagne, hier ist es zumeist düster. Ob nun die Archäologen und Artus-Forscher ihre heile Welt erhalten können oder ein riesiger Freizeitpark auf der Basis von Sage und Mythen entstehen kann, scheint die Beteiligten zu spalten. Dupin hat so sein Tun. Doch wie man ihn und seine Erzbretonen Nolwenn und die beiden Inspektoren kennt, nimmt das Team die richtige Fährte auf, findet das Motiv und somit auch heraus, wer die Morde verübt hat. Höchste polizeiliche Ehren werden Dupin zuteil – er hat sie sich auch verdient.
In diesem 7. Fall fehlt das Bretagne-Urlaubs-Feeling – zum Glück –, denn nochmals die zig Blau- Rosa-, Violett-, Rottöne von Meer, Strand, Himmel mit und ohne Sonnenuntergängen erzählt zu bekommen, wäre sicherlich ermüdend gewesen. So präsentiert Bannalec mit Bretonische Geheimnisse viel Geheimnisvolles und einen ironischen Blick auf das Konkurrenzdenken im Filz der Wissenschaftler. Ein stellenweise amüsanter Krimi, auch wenn Riwal nicht nur Dupin sondern auch den Lesern dieses Buches mit seinen, durch die bretonische Brille ausführlichen erzählten Artus-Krams manchmal auf den Keks geht.
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Jean-Luc Bannalec: Bretonische Geheimnisse – Kommissar Dupins siebter Fall, erschienen 2018 bei Kiepenheuer&Witsch
Die Fälle 1 bis 6 des Kommissar Dupins:
Bretonische Verhältnisse (2012)
Bretonische Brandung (2013)
Bretonisches Gold (2014)
Bretonischer Stolz (2015)
Bretonische Flut (2016)
Bretonisches Leuchten (2017)
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