Nur eine einfache Besorgung……Nur etwas entgegennehmen und weiterleiten. Das hatte der hochrangige CIA Agent Curtis von Jazzmusiker Gene Williams zunächst erbeten, dann auf erpresserische Weise gefordert. Der amerikanische Musiker war zum Jazzfestival nach Prag eingeladen, das im August 1968 stattfinden sollte. Der Kontaktmann der CIA in Prag, Josef Bláha, wollte auf sicherem Wege dem amerikanischen Geheimdienst eine wichtige Information zukommen lassen: Den Zeitpunkt des bevorstehenden Einmarschs der russischen Armee und deren Verbündeten in der Tschechoslowakei. Das Ereignis, das den Prager Frühling und die Bemühungen von Alexander Dubcěk, einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ dort einzuführen, beenden sollte. Blàha wollte nicht seine normalen Wege zur CIA nutzen, denn er wusste von einem Verräter in der US-Botschaft. Folglich wurde Williams als Briefträger angeheuert.
Doch nach dem ersten Kontakt der beiden, noch bevor die Nachricht an Williams übermittelt wird, geschieht der Mord an Bláha. Als der Jazzmusiker die Tochter des amerikanischen Spions kennenlernt und von ihr die politischen Hintergründe der bevorstehenden Invasion erfährt, entschließt er sich, den Auftrag, den er von der CIA widerwillig angenommen hat, aufzuführen. Zwischen Proben für den Auftritt beim Festival versucht Schlagzeuger Williams an die Information heranzukommen. Dabei gerät er zwischen die Fronten der Geheimdienste und auch ins Visier des Verräters.
Somit nicht nur eine einfache Besorgung……Nur etwas entgegennehmen und weiterleiten. Hier wird der Part des Spions von einem Laien gespielt. Und dieses Spiel erweist sich als äußerst gefährlich.
Bill Moody, nicht nur Autor sondern auch professioneller Jazzmusiker, war in der Zeit, als die Invasion der Armeen der Warschauer-Pakt-Staaten immer wahrscheinlicher wurde, in Prag und schildert die Stimmung jener Zeit und das politische Umfeld sehr genau. Der Spion, der Jazz spielte ist die Verknüpfung von Realität und Fiktion, beschreibt zudem kenntnisreich die Jazzszene der Zeit.
Für die junge Generation mag dieser Roman ein „historischer Kriminalroman“ sein, für mich ist er ein mit Zeitzeugnissen verknüpfter Triller, der mich sehr genau an meine Ängste im August 1968 erinnert. Zwar war ich fast 500 Kilometer entfernt von Prag, jedoch bei Bundeswehr. Ängstlich deshalb, weil ich nicht wusste, was die Invasion für Folgen in Mitteleuropa und für die NATO haben würde. Denn mit dem Einmarsch in der Tschechoslowakei war für große Teile der Bundeswehr zunächst eine Alarmbereitschaft verbunden. Ich durfte die Kaserne einige Tage nicht verlassen, fraglich war auch mein Entlassungstermin aus der Bundeswehr Ende September 1968. Für mich wurde „alles gut“. Der Westen schaute – wie von der russischen Regierung erwartet – zu, als der Prager Frühling abrupt beendet wurde. Alexander Dubcěk war von den konservativen kommunistischen Kräften seines Landes hintergangen worden. Und vieles, was sich in jenen Tagen vor dem Einmarsch in Prag und bei der Invasion ereignet hat, ist in diesen einmaligen Spionagethriller erzählerisch unterhaltsame Weise eingebunden.
Bill Moody hat das Buch bereits vor 30 Jahren geschrieben. Veröffentlicht wurde es jedoch erst 2012. Die deutsche Ausgabe ist 2015 im Polar Verlag erschienen (Übersetzung. Ulrike Becker).
Alf Mayer schrieb ein lesenswertes Nachwort, in dem er auf die damaligen politischen Machtverhältnisse, das persönliche und musikalische Umfeld von Bill Moody eingeht, aber auch dieses Buch ins Verhältnis zu anderer „Spionageliteratur“ setzt.
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