Auf der Obstbaumwiese von Peter Schaab liegen Leichenteile – allerdings sind es Schweinekadaver, die in je einem Reisekoffer, einer Mülltonne und einem Maischefass dort deponiert sind. Ab und zu werden die Behältnisse auch geöffnet, Untersuchungen an den verwesenden Teilen und deren Bewohnern durchgeführt.
Verantwortlich für diese „Schweinerei“ ist ist der bekannte Forensiker Dr. Jens Amendt mit seiner Forschungsgruppe des Frankfurter Instituts für Rechtsmedizin. Untersucht werden dort Verwesungsprozesse und die Besiedlung der Kadaver mit Insekten. Mit neuen Erkenntnisen über die Entwicklungsstadien der Insekten soll der Todeszeitpunkt von menschlichen Leichen genauer bestimmt werden können. Hobbykriminologen sind darüber bestens informiert. In den Krimis von Simon Beckett, Patricia Cornwell, Bill Bass – Gründer der berühmten Bodyfarm an der University of Tennessee – und anderen werden solche Forschungsarbeiten an menschlichen Leichenteilen – in Deutschland nicht gestattet – und tierischen Kadavern beschrieben, die Erkenntnisse daraus tragen in den Krimis zur Klärung der Verbrechen und der Überführung der Täter bei. In Deutschland wurden ähnliche Untersuchungen aus dem Gebiet der forensischen Entomologie einem größeren Kreis bekannt, als Mark Bennecke in einem Indizienprozess 1998 nachwies, dass der mutmaßliche Mörder seiner Frau, der Pastor Klaus Geyer, am Fundort der Leiche gewesen sein musste. Eine recht seltene Ameise klebte am Stiefel des Pastors und diese Ameisenart lebte auch am Fundort der Leiche. Zusammen mit anderen Indizien führte das dazu, dass Klaus Geyer wegen Tötung seiner Ehefrau verurteilt wurde.
Nachdem Jens Amendt kürzlich in der Zeitschrift Crime von seinen Arbeiten zur Erforschung von Todeszeitpunkten berichtet hat und zum Schluss auf die Arbeiten mit Kadavern in Koffern und Fässern hinwies, hat der Forensiker nun Anja Baumgart-Pietsch einen größeren Einblick in die neueste Forschung gegeben (Wiesbadener Kurier, 1. September 2015). In Masterarbeiten, einer Bachelorarbeit sowie in einer Dissertation werden die Ergebnisse in nächster Zeit nachzulesen sein. Derweil hofft Verpächter Peter Schaab, dass der überwiegend wehende Westwind die üblen Gerüche fernhält, die bei der Arbeit an den Kadavern bestehen. Gleiches hoffe ich, denn die Wiesbadener „Bodyfarm“ liegt nur knapp 2 Kilometer von meiner Behausung entfernt.
Die Schweine wurden übrigens vom Schlachthof bezogen. Sie waren aus verschiedenen Gründen nicht für den Verzehr geeignet.
Was es nicht alles gibt! Ich stelle mir jetzt vor, wenn da einer die Gelegenheit ergreift und den Koffer klaut …