Wieviel Gerechtigkeit braucht der Mensch zum Überleben?
Cutter ist ein Überbleibsel aus dem Vietnamkrieg: Mitte dreißig, ein Bein, ein Arm, ein Auge, auch Geist und Seele sind futsch, wenig Rente, voller Hass und Wut auf sein Heimatland und dessen Gesellschaft.
Sein Kumpel Bone hingegen (ebenfalls Mitte dreißig): Nachdem er den guten Job geschmissen, Frau und Kinder verlassen hat, kein geregeltes Einkommen, schlägt er sich ziellos durch’s Leben, indem er Touristinnen beglückt und versucht, ihnen kleine Darlehen zu entlocken, um sich danach der nächsten Urlauberin zuzuwenden. Reich wird er dabei nicht.
Träume vom besseren Leben haben beide – manchmal. Und als Cutter erfährt, dass Bone sah, wie ein Mann eine Leiche in eine Mülltonne entsorgte und er am nächsten Tag meinte, jenen Mann auf einem Foto in der Zeitung zu erkennen, entwickelt Cutter einen Plan: Statt den mutmaßlichen Mörder anzuzeigen will er zusammen mit Bone und der Schwester der Toten den Mann erpressen, den Bone angeblich erkannt hat. Getrieben von Gier nach Geld und einem besseren Leben, gebremst von Angst, versucht mal der eine mal der andere der Kumpel, sich dem Mann vom Foto, einem umtriebigen Unternehmer, zu nähern. Übermäßiger Alkoholgenuss ist bei beiden der Katalysator, der mal Mut macht, mal die Angst verstärkt.
Es sind arme Schweine, sie hassen alles, was um sie herum ist, sie befinden sich zumeist im Alkoholrausch, gieren nach Sex, den sie bekommen oder sich nehmen – und eben nach Geld und besserem Leben – und der Weg dazu könnte über die Erpressung führen.
Newton Thornburg hat diesen Roman 1976 veröffentlicht, kurz nach Ende des Vietnamkriegs, gibt damit einen Einblick in das depressive, das kaputte Amerika jener Jahre mit desillusionierten Besiegten und Enttäuschten. Beschreibt die fehlende Perspektive am Beispiel von Cutter und Bone. Den wütenden, hasserfüllten Cutter und Bone, der sich treiben lässt. „No future“-Typen zu einer Zeit, als es diesen Begriff noch nicht gab. Eine Zeit lang verfolgen sie dennoch ihr Ziel, wobei es den Anschein hat, dass sie es mit Konfuzius und dessen „Der Weg ist das Ziel“ halten, denn ob sie das ursprüngliche Ziel, zu Geld und somit zum besseren Leben zu kommen, überhaupt erreichen wollen, daran kann von Beginn an gezweifelt werden.
So ist „Cutter und Bone“ durch diese eigenartigen Charaktere Cutter und Bone und ihren Weg so aufregend, mitreißend, teilweise überraschend, dass es Spaß macht, die beiden Typen hier zu erleben – von Anfang bis zum Ende.
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Originaltitel: Cutter and Bone (USA 1976), in neuer Übersetzung von Susanna Mende 2015 im Polar Verlag erschienen ( erstmals 1982 unter dem Titel „Geh zur Hölle, Welt!“ in deutscher Übersetzung erschienen), mit einem Vorwort von Thomas Wörtche
Passt ja vielleicht auch für heutige Kriegsheimkehrer….
Durchaus!