Wider die dicken Bücher

Ich lese gern, ich lese viel. Aber viel dicke Bücher lese ich nicht gern. Ich will Geschichten lesen. Viele, immer wieder andere, mit anderen Protagonisten, mit anderer Handlung, anderen Fällen von Thrill und Crime. Was scheren mich die Kinder der Schwester der Kommissarin, wenn ihre Unerzogenheit in keiner Beziehung zur Handlung, zum Fall stehen. Weshalb soll ich mich durch 500 Seiten oder mehr lesen, nur um zu lesen, was auch auf 300 Seiten geschrieben werden könnte?

Ich rede von Kriminalromanen und Thrillern. Nur wenige AutorenInnen verstehen es, mich über so eine lange 500er-Strecke zu fesseln, verstehen es ohne sich in Nebensächlichkeiten zu begeben. Ich lasse mich gern auf falsche Fährten locken, aber alles sollte der Gesamtchoreographie dienlich und mit Wonne zu lesen sein (stilistisch grandios, pointiert usw.), nie darf die Aufmerksamkeit der Leser überstrapaziert oder gar zur Erlahmung gebracht werden (von Else Laudan aus einem anderen Zusammenhang, fast wörtlich übernommen).

300 auch 350 Seiten, so lang sollte für mich der ideale Krimi oder Thriller sein. Einigen wenigen AutorenInnen erlaube ich ein paar Seiten mehr – aber es ist die Minderheit.

Nur schade, dass das niemand der schreibenden Zunft diesen Beitrag liest. Ich könnte sein/ihr Fan werden.

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15 Antworten zu Wider die dicken Bücher

  1. zeilentiger schreibt:

    Volle Zustimmung!

  2. My Crime Time schreibt:

    Für mich gibt es keine ideale Seitenzahl. Für mich gibt es nur den idealen Inhalt. Und der ist individuell und höchst variabel. Klar, es gibt so viele Krimis mit überflüssigem Geschwafel. Es gibt aber auch viele Krimis, denen ein wenig Ausführlichkeit fehlt. Ein Pauschalurteil wage ich da nicht abzugeben. Ich lese sie alle: dünne, mittlere und dicke Bücher. Sie müssen bei mir nur eine Hürde nehmen: sie müssen mir gefallen.
    Und weil das ziemlich von oben herab klingt, noch ein kleines Geständnis: Früher habe ich auch lieber dünnere Bücher gelesen – schon allein, weil sie praktischer waren als die dicken Wälzer, die man kaum halten kann. Seit ich meinen Reader habe, sind mir Seitenzahlen allerdings total egal geworden. 🙂

    • Philipp Elph schreibt:

      Da stimme ich dir zu: Die ideale Seitenzahl gibt es nicht. Wenn einem Krimi jedoch Ausführlichkeit fehlt, geht diese häufig zu Lasten des Geschwafels. Und es gibt auch bei den dicken Schwarten solche, denen die Ausführlichkeit oder die Tiefe fehlt.

  3. karu02 schreibt:

    Gelegentlich kommt es vor, dass ich besorgt auf die paar Seiten blicke, die mir vom Buch noch zu lesen bleiben, weil ich nicht will, dass es zu Ende geht. Das sind die guten Bücher, egal wie dick.

  4. Anne Kuhlmeyer schreibt:

    Ich stimme in sofern zu, als dass es eine Menge Bücher gibt, die man um ein Drittel kürzen könnte/sollte. Aber da sind noch andere Aspekte. Seltsame Kaufgewohnheiten beim Leser z.B. Wie im Supermarkt wird wohl gerne die Großpackung bevorzugt. Dem folgend gibt es verlagsseitig Forderungen für Mindestseitenzahlen. Krimi: 200, Thriller: 350, Historischer Roman: 500. Dabei geht es zunächst um „Normseiten“. Wie viele das dann im Satz werden, kann auch noch beeinflusst werden. All das hat wenig mit dem Inhalt und der Qualität des Textes zu tun.
    Ich selbst hab eher das Problem, dass ich zu knapp bin und dann jemanden brauche, der mir sagt: Dies oder jenes verstehe ich nicht, sei mal ausführlicher.
    Aber mit jedem neuen Buch lernt man ja. Eine ganz wunderbare Erfahrung.

    • Philipp Elph schreibt:

      Liebe Anne, vielen Dank den Hinweis auf die Aspekte, die auf Vorgaben von Verlagen beruhen. Es ist mir verständlich, dass profitorientierte Unternehmen – wie sie Verlage nun mal überwiegend sind – mit Marketing- und Vertriebsmaßnahmen ihren wirtschaftlichen Erfolg optimieren müssen und dabei so gut wie möglich das Kaufverhalten ihrer Kunden berücksichtigen, um Verkaufsimpulse auszulösen. Dass dabei die „Dicke“ eines Buches eine Rolle spielt, war mir nicht bekannt, erklärt aber einige Kommentare, die ich an anderer Stelle zu diesem Post erhalten habe.
      Und daher scheint es mir so – gehässig ausgedrückt -, dass sich ein Buch gar nicht so sehr von einer Tütensuppe unterscheidet, sowohl aus der Sicht des Produzenten als auch aus der des Konsumenten. Bei beiden entscheiden die Produzenten nach Abwägung vielfältiger Aspekte und Parameter, was und wieviel drin ist, bieten eine breite Produktpalette an. Für Kunden gilt dann „suum cuique“ – und das ist auch gut so.

  5. Nora schreibt:

    Da bin ich dabei!

  6. Nora schreibt:

    Ich bin im Grunde der selben Meinung, bevorzuge abgeschlossene Kriminalromane. Früher habe ich auch gern Serien gelesen, aber so ein einziges Buch kann ein wahrer Schatz sein, wenn alles auf den Punkt passt. Derzeit lese ich zum Beispiel einen Krimi mit nur 149 Seiten. Wirklich gute lange Geschichten kenne ich nur aus der Weltliteratur.

  7. Anni Bürkl schreibt:

    Hier meldet sich die schreibende Zunft. 🙂 Ich vertrete seit jeher die Ansicht: eine Geschichte ist so lang, wie sie lang ist. Der Bruder der Ermittlerin hat dort was im Text verloren, wo er für die Geschichte wesentlich ist. Es gibt also keine eindeutige Antwort, was ein Motiv für seine Existenz betrifft. 🙂

    Die Verlage allerdings verlangen einen gewissen Umfang von uns Autoren … das hängt ua. mit dem Ladenpreis zusammen. Die Kalkulation ist für dünnere Bücher nicht um so vieles günstiger, und wenn dann ein Buch mit zB. 149 Seiten nur 1-2 Euro weniger kostet als ein 3x so dickes – wonach greifen die Leser wohl?

    • Philipp Elph schreibt:

      Liebe Anni Bürkl, vielen Dank für den Kommentar.

      Bei meiner Betrachtung „Wider die dicken Bücher“ spielt bewusst der Ladenpreis keine Rolle. Da mag ich mich von anderen unterscheiden.

      Andererseits stehe ich dazu, dass es Füllsel gibt, die ein Buch unnötig aufblähen, dem Verlauf der Story jedoch nicht unterstützen und sogar in keinem Zusammenhang dazu stehen.
      Zudem betrachte ich ein Buch als eine abgeschlossene Sache. Wenn mir ein Autor sagt, er entwickele Nebenstränge, weil in einem der nächsten seiner Bücher dieser Strang oder handelnde Personen darin eine besondere Rolle spielen, habe ich wenig Verständnis dafür. Es sei denn, ein solches Buch ist ausgewiesen als Teil einer überschaubaren Reihe, z.B. einer Trilogie. Wenn Jo Nesbø sagt, seine Romane „Die Larve“ und „Koma“ gehören zusammen, so ist das überschaubar.

      Meine Aussage sollte jedoch sein: „Bitte keine Füllsel!“

      • Anni Bürkl schreibt:

        Lieber Philipp Elph,
        Ich vermute jedoch, dass genau der Ladenpreis eines der wesentlichen Argumente ist. Nach oben wie nach unten.

  8. Nele Neuhaus schreibt:

    Lieber Philipp Elph,

    auch ich habe den Beitrag „Wider die dicken Bücher“ gelesen und bin ganz Ihrer Meinung! Seit 20 Jahren bin ich Fan von Elizabeth George, die fing mal mit Taschenbüchern an, die 300 Seiten hatten und eine stringente und spannende Geschichte erzählten. Mittlerweile sind ihre Bücher dicker als ein Backstein und die Story ist kein reißender Fluss mehr sondern ein langweiliges kilometerbreites Delta. Ich hege seit Jahren den Verdacht, dass diese Aufblähung tatsächlich aus Preisgründen betrieben wird, denn etwas schlanker wäre viel besser! Nun schreibe ich selbst ja auch immer recht dicke Bücher, aber ich versuche sehr darauf zu achten, dass alles, was im Buch geschieht, zum Fortgang der Handlung beiträgt, die Geschichte vorantreibt. Nicht zuletzt deshalb habe ich in meinem aktuellen Manuskript noch einmal alles auf den Kopf gestellt, als ich merkte, dass eine Figur, die von vorneherein wichtig schien, beim Schreiben an Bedeutung verloren hat. Ihre „Aufgaben“ können andere übernehmen, denn die Side-Story trug in nichts dazu bei, die Geschichte zu fördern. Trotzdem halte ich es – gerade bei Serien – für wichtig, auch den Protagonisten, die von den Leserinnen und Lesern geliebt werden, genug Raum einzuräumen. Das Beispiel Brunetti, das Sie in einem aktuelleren Beitrag nennen, zeigt, wie öde es werden kann, wenn es überhaupt keine Weiterentwicklung von Charakteren gibt. Ich habe früher gerne Donna Leon gelesen, immer in der Erwartung, dass jetzt mal irgendetwas passiert, sich etwas ändert oder neues Personal hinzukommt – vergeblich! Ein einziges Mal hatte Donna Leon einen Kollegen von Brunetti sterben lassen und das war’s.
    Ich schätze, dass mein neues Buch wieder an die 450 Seiten haben wird, und ich verspreche, dass ich wirklich keinen einzigen Satz in der Absicht, die ohnehin sehr komplexe Geschichte unnötig aufzublähen, geschrieben habe. 🙂

    Herzliche Grüße,
    Nele Neuhaus

    • Philipp Elph schreibt:

      Liebe Nele Neuhaus,
      das neue Buch wird von mir unter die Leselupe genommen und äußerst kritisch auf Längen und Füllsel untersucht werden. Insbesondere freue ich mich aber über ein „Wiedersehen“ mit Pia und Oliver.
      Grüße aus Wiesbaden,
      Philipp Elph

  9. WortGestalt schreibt:

    Mir ergeht es ebenfalls so, dass „zu dicke Bücher“ (600 Seiten aufwärts) mich nicht gerade in Leselaune versetzen. Ich mag es gerne knackig erzählt, und wie Du sehr schön gesagt hast, vermögen es gerade in der Spannungsliteratur wenig Inhalte, über solch eine lange Strecke zu fesseln. Ich habe mal ein bisschen in mein Archiv gelugt, die meisten Bücher liegen bei mir im Durchschnitt bei 300-400 Seiten, auch mal 280 oder 480, aber über 500 Seiten, da wird der Bestand schon dünner. Auch im Buchladen nehme ich tatsächlich von zu seitenreichen Werken Abstand, weil ich auch gerne viele Geschichten lesen möchte, das hast Du zu Beginn deines Beitrags ja so schön formuliert. Es dürfen zwar gerne wieder auftauchende Protagonisten sein, aber ich mag mich nicht gerne wochenland an 800 Seiten aufhalten, da muss die Liebe zur Handlung und zur Erzählweise schon sehr groß sein, damit mich das packt.

    LG, WortGestalt

  10. Pingback: Sie will doch nur normal sein: „Bruderherz“ von Susan Wilkins | My Crime Time

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