Venedig im Hochsommer. Drückende Hitze, schwül und stickig. Commissario Brunetti sehnt sich nach Urlaub. Zwei Wochen Familienurlaub in Südtirol sind geplant.
Glücklicherweise hat das Wetter die Kriminellen in ihren Aktivitäten gelähmt. So hat Brunetti Zeit, sich ein wenig um Nebensächlichkeiten zu kümmern. Sein engster Mitarbeiter Vianello bittet ihn um Unterstützung. Herauszufinden, ob die Tante einem Wahrsager oder Wunderheiler auf dem Leim gegangen ist, der ihr große Mengen Geldes aus der Tasche zieht. Zudem wird Brunetti von einem alten Freund auf besondere Gepflogenheiten bei Gericht aufmerksam gemacht. Prozesse werden über Jahre verschleppt und immer wieder tauchen dabei die gleichen Namen einer Richterin und eines Gerichtsdieners auf. Abzocke einer alten leichtgläubigen Frau im ersten Fall, Korruption im zweiten? Wer profitiert von der Verschleppung der Gerichtsverfahren, welche Rolle spielen Richterin und der oberste Gerichtsdiener, der für eine üppige Wohnung in bester Lage eine minimale Miete zahlt.
Der Commissario sinniert darüber, was in dieser seiner Republik neben Mafia-Aktivitäten, Vermeidung, Steuern zu zahlen und Korruption und Bestechung überhaupt alles im Argen liegt, ermittelt, eruiert träge vor sich hin und freut sich auf seinen bevorstehenden Urlaub.
Schließlich ist es soweit, die Familie Brunetti ist im Zug unterwegs nach Südtirol.
Brunetti selbst kommt jedoch zunächst dort nicht an, denn in Bozen steigt er nach einem Anruf aus seiner Questura in den Gegenzug: Der Gerichtsdiener ist erschlagen aufgefunden worden.
Auch Vianello und der Gerichtsmediziner werden aus dem Urlaub zurück beordert.Und das ist gut so, denn schon bald erhalten Brunetti und sein Ispettore neue Erkenntnisse über den Toten und dessen Doppelleben, das schließlich zu Mordmotiv und Täter führt.
Aber wer glaubt schon an das Interesse der italienischen Gerichtsbarkeit, ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft zu verurteilen. Schließlich gibt es genug Möglichkeiten, einen Prozess zu manipulieren oder in die Länge zu ziehen.
Und so berichtet Brunetti als er im Urlaubsort endlich ankommt seiner Frau frustriert über die Ergebnisse seiner Arbeit. Auch, dass der kriminelle Betrüger wohl wieder einmal ohne Strafe davon kommt.
Offenbar hat Donna Leon beim Schreiben dieses Buches genauso unter der Hitze und Schwüle des Sommers in Venedig gelitten wie ihr Commissario Brunetti. Sie hätte den Krimi in Südtirol schreiben sollen. Vermutlich wäre dieser 19. Fall des Kommissars dann ein wenig spannungsreicher und weniger phlegmatisch geworden. Vielleicht beinhaltete er auch ein Minimum an Action. So hofft man beim Lesen nur, das die Story bald zu Ende geht – so wie das stickige, schwüle Wetter Ende Juli/Anfang August in der Lagunenstadt.
Donna Leon ist es in diesen 19 Jahren, da sie Brunetti ermitteln lässt, gelungen, ihren Kommissar kaum altern zu lassen. Auch das Umfeld und andere Personen haben sich nicht oder nur wenig entwickelt. Einzig die Leserschaft scheint älter geworden zu sein. Und deshalb ist es wohl auch gut, dass Spannungselemente so spärlich eingesetzt werden – Herz und Kreislauf der Leser werden’s ihr danken.
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Originaltitel: A Question of Belief, USA 2010, dt 2011 (Übersetzung: Werner Schmitz)
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Diese Rezension wurde zuerst veröffentlicht am 08.12.2011 auf http://philipp1112.wordpress.com